Rund und zentral - die Hilb


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Frühjahr 2007 - das Pfarrhaus steht noch
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Weihnachten 2009

Mitten in Frohnstetten liegt die Hilb – oder vielleicht besser: Rund um die Hilb herum liegt Frohnstetten. Auf der Alb mit ihrem karstigen wasserdurchlässigen Untergrund ist die Stelle, wo es Wasser gibt, von besonderer Bedeutung. Wasser bedeutet Leben, und die Hochfläche, durch die der Regen versickert fast wie durch ein Sieb, war durch die Jahrhunderte eine schwierige und karge Gegend. So sind wohl zuerst dort Siedlungen entstanden, wo Besonderheiten des Untergrunds dafür gesorgt haben, dass das Regenwasser stehen bleiben und genutzt werden konnte. Die zentrale Lage der Hilb im Ort wird im nachstehenden Foto deutlich.



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Blick vom Kirchturm anno 1962

Es blieb nicht dabei, dass lediglich Oberflächenwasser gesammelt wurde. Bereits 1842 hatte Frohnstetten als erster Ort auf der schwäbischen Alb eine Wasserversorgung gebaut, die diesen Namen auch wirklich verdient. Beiderseits der Hilb waren zwei Brunnen entstanden, aus denen die Bewohner sich mit Quellwasser aus dem Schmeiental versorgen konnten. (Zur Wasserversorgung später mehr.) Die Postkarte – vermutlich vom Kaufmann Reinhard Brunner vertrieben – zeigt den baulichen Zustand der Frohnstetter Hilb zu Anfang des letzten Jahrhunderts: ein flacher Weiher ohne bauliche Einfassung oder Baumumrandung. Gut zu erkennen sind die beiden Tröge mit den gusseisernen Brunnenstöcken.



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Frühe Ansichtskarte aus Frohnstetten

Der Zugang zum Wasser als zentrales Element des bäuerlichen Lebens bringt natürlich mit sich, dass sich an der Wasserstelle alle Bewohner immer wieder treffen. Daraus entsteht auch ein gesellschaftlicher Mittelpunkt, an dem die Beziehungen zusammenlaufen. Die Nähe der Kirche, der Schule und zweier Gasthäuser kommen hinzu, und so war die Hilb ganz selbstverständlich auch zentraler Treffpunkt und Ausgangspunkt gemeinsamer Unternehmungen. Nachfolgend ein paar Eindrücke aus den Dreißigerjahren.



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Die "Hilbenstange" war die einzige Sitzgelegenheit ...
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... aber zum Posieren optimal
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Das Gelände zeigt sich noch ziemlich rustikal
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Schickes Outfit sonntags ist selbstverständlich
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Winter zu Anfang der Dreißiger
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Vor dem Frühlingsspaziergang?
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Und was machen wir heute?

Für die Kinder der Nachkriegszeit hatte die Hilb auch eine ganz besondere Bedeutung, nämlich als Spielplatz im Winter, wenn strenger Frost für eine stabile Eisdecke gesorgt hatte. Da hieß es morgens vor dem Schulweg immer „Abr noch dr Schual glei hoimkomma ond it auf d’Hilb!“ Das war wohl die am wenigsten beachtete Mahnung der damaligen Zeit. Pech nur, wenn das Eis nicht ausreichend tragfähig war und man mit nassen Schuhen und Hosen zuhause ankam!

Übel erwischt hat es einen meiner Schulkameraden, der im Auftrag der Lehrerin ihrem Vermieter einen Brief mitnehmen sollte. Als er bis zu den Hüften im Wasser gelandet war erinnerte er sich an das mit blauer Tinte geschriebene Schriftstück in der Hosentasche. So schwer wie damals ist ihm der Heimweg wohl nie wieder gefallen.

 Heute sieht es anders aus. Schon vor Jahren hat es sich eingebürgert, dass die Kinder zwar gelegentlich noch auf der Hilb spielen durften, aber oft in Begleitung der Eltern, wie diese Bilder  ausweisen. Aber es gibt die Hilb immer noch, und Frohnstetten hat damit seinen deutlich erkennbaren Mittelpunkt behalten, ganz anders als viele Dörfer auf der Alb, die ihre Hilb nach Einrichtung einer öffentlichen Wasserversorgung zugeschüttet oder gar bei einem missglückten Sanierungsversuch aus Versehen zerstört haben wie die Nachbarn in Stetten a.k.M., denen bei der Sanierung das Wasser davongelaufen ist.



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Schlittschuhlaufen anfang der Neunziger ...
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... und 15 Jahre später ...
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... im November 2007

Der Verlust ihrer Hilb wäre aber den Frohnstettern beinahe auch passiert. Bei den umfangreichen Sanierungsarbeiten in den Achtziger- und Neunzigerjahren wurde auch hier eine empfindliche Stelle angekratzt, die nur mit großem Aufwand wieder abgedichtet werden konnte. Zum Glück hat man nicht so schnell aufgegeben! Die folgenden Bilder liefern einen Eindruck von den doch recht umfassenden Sanierungs- und Ausbauarbeiten, die der Hilb ihr heutiges Erscheinungsbild gegeben haben. 



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Sanierung 1985 - das Wasser ist raus
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Schlamm ohne Ende
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Jetzt ist erst mal ausgeräumt
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Sanierung die zweite - 1995/1996
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Den Untergrund dicht zu bekommen war nicht einfach
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Das Wasser hat gelegentlich einen eigenen Willen
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Neuer Sockel für den Springbrunnen
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Neuer Aufbau der Ufersteine
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Das sieht doch schon mal ganz gut aus
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Der Normalpegel ist erreicht
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Die Fontäne sprüht und das Ortsbild stimmt wieder

Die Hilb ist im übrigen auch Namensgeberin für die örtliche Narrenzunft, die „Hilbenschlecker“. So werden die Frohnstetter von den Bewohnern der umliegenden Dörfer genannt. So nennt man landläufig auch die Libellen, die rund um die Hilb zu finden waren. Die (närrischen) Hilbenschlecker in Bildern sind hier zu finden.




Schwimmen und Eislaufen verboten!

Seit fast 50 Jahren ist die Hilb als Kulturdenkmal eingestuft. Dieser Umstand hat wahrscheinlich wesentlich dazu beigetragen, dass sie heute nicht hinter Gittern existieren muss. Im Laufe der umfangreichen Sanierungsarbeiten kam immer wieder einmal die Haftungsfrage auf - " 's kennt jo amol ebbas bassiera!" Und so hätte man dann doch beinahe einen Zaun rundherum gebaut. Doch die Vernunft hat gesiegt, und ein Schild "duats au". Jetzt sind Schwimmen und Eislaufen verboten, das Betreten der Eisfläche aber nicht. Wer versteht's?